Willkommen auf der Webseite der Vorlesung "Algebra I" im Wintersemester 2020/21.
Das Wort "Algebra" kommt aus der arabischen Sprache
und bedeutet das "Lösen von Gleichungen". Dabei geht es vor allem
um polynomiale Gleichungen, wie z.B. folgende Gleichung vierten Grades:
x4 + 5x3 - 2x2 + 3x + 4=0.
Um quadratische Gleichungen zu lösen, lernt man
in der Schule die berüchtigte "p-q-Formel". Oft hört man auch, dass es
schon für Gleichungen dritten Grades keine Lösungsformeln gibt, und man zuerst
eine Nullstelle raten muss. Das ist aber nicht richtig; für Gleichungen
dritten Grades, und sogar Gleichungen vierten Grades wie die obige gibt es Lösungsformeln,
die im 16. Jahrhundert gefunden wurden. Zu dieser Zeit war lange nicht bekannt, ob
es auch Lösungsformeln für Gleichungen höherer Grade gibt. Erst 1830 konnte
Evariste Galois mithilfe von Gruppentheorie beweisen,
dass es keine solchen Formeln gibt.
In der Vorlesung Algebra I werden wir diese heutzutage als
Galois-Theorie bekannte Kombination aus Gruppentheorie, Körpertheorie
und Polynomen kennenlernen.
Als eine weitere Anwendung von Galois-Theorie werden wir uns mit den ebenfalls
aus der Schule bekannten
Konstruktionen mit Zirkel und Lineal beschäftigen. Auch hier gibt es
offensichtliche Fragestellungen, die nicht offensichtlich beantwortet werden
können. Als Beispiele besprechen wir die
Quadratur des Kreises, der Winkeldreiteilung, und der Konstruktion
regelmäßiger n-Ecke.

Die Anwendung der Galois-Theorie auf polynomiale Gleichungen und Konstruktionen mit Zirkel und Lineal ist ein Musterbeispiel für das Funktionieren von Mathematik: es liegt ein konkretes, leicht verständliches Problem vor, das aber nicht elementar, sondern nur durch eine tiefgreifende, abstrakte Theorie gelöst werden kann. Die Algebra-Vorlesung ist einzigartig in dem Sinne, dass der Kontrast zwischen der Einfachheit der Anwendung und der Abstraktheit der Theorie in wahrscheinlich keiner anderen Vorlesung in so extremem Maße auftritt.